Liebe, was ist das?
Heute ist ein erster guter Tag, seit langem, den ich komischerweise einem übertriebenen Rausch zu verdanken habe. Danke schön. Und da mein Auge wieder schärfer sieht, möchte ich mit Dir teilen, was mich heute innig berührt hat. Es war, oder besser gesagt, es ist die Liebe. Das große Gefühl der Denker, Poeten und Philosophen, sowie auch des Proletariats. Das Licht in der Dunkelheit und die ständige Begleiterin von Eltern, Kindern sowie Alkoholikern, Junkies und eigentlich jedem, der über die Erde wandert. Das Gefühl, das so viele Antlitze hat, wie es Situationen in unserem Leben gibt. Vielleicht, in meiner jetzigen Euphorie würde ich sogar behaupten, dass es mehr Gesichter der Liebe gibt als der Dummheit, wobei die bekanntlich grenzenlos ist. Aber „Schwan“ drüber.
Das Erste, was ich mit Liebe verbinde, ist Essen und die weibliche Brust. Stillende Mütter sind ein Bild der Liebe. Es lässt sich nicht leugnen, dass es eine Selbstopferung ist, mit einem fast unbekannten Wesen seine Energie zu teilen. Seinen eigenen Körper zu schenken, um jemanden zu ernähren. Natürlich ist das hormonell begünstigt; die physiologischen Prozesse lasse ich hier absichtlich außer Acht, sonst wird es zu trocken. Gäbe es diese Regelung der Natur nicht, wären wir nicht hier. Nichtsdestotrotz, es ist und bleibt eine Opfergabe aus dem eigenen Körper, der dadurch nicht unbedingt schöner wird, um nur das Profanste zu nennen.
Ich weiß nicht, ob ich mich daran erinnern kann oder mir das einbilde, aber wenn ich ans Stillen denke, empfinde ich Sicherheit, Wärme, Stärke. Ein Augenblick des Friedens, Geborgenheit. Vielleicht deshalb empfinden so viele Menschen einen Fetisch, der mit Frauenbrüsten verbunden ist.
Das Weitere, was ich mit Liebe assoziiere, ist die körperliche Nähe, zum Beispiel im pubertären Alter sehr stark bemerkbar und auch ein großer Antrieb für jegliche Aktionen des Alltags. (An dieser Stelle muss ich einwerfen, dass ich ein männliches Exemplar bin und es mir nur aus meiner Perspektive möglich ist, die Liebe zu betrachten.) Es ist mir durchaus bewusst, dass viele Mädchen im Anflug von Gefühlen ihre Blume an den Junker verschenken, der es gar nicht wert ist, angeschaut zu werden, geschweige denn, so einen kostbaren und einmaligen Schatz zu empfangen. Dass es aber öfter so ist, wissen wir alle. Aber auch das ist die Liebe.
Unzählige junge Männer empfinden tiefe Gefühle für ihre Partnerin, die komischerweise mit dem Abbau des Drucks im Lendenbereich zu schwächeln beginnen. Was, fast immer sehr unangenehm für beide Seiten ist. Man hat geglaubt zu lieben, war aber nur von den Hormonen verführt. Sollte es in diesem Abschnitt der Beziehung nichts anderes gewesen sein, werden sich die Wege trennen und nur die Bitterkeit bleibt. Zwischenergebnis: Die Brust ist der Sitz der Liebe, der Schritt nicht.
Sehr oft glaubte ich, die Liebe in den Augen der Menschen zu sehen. Augen sind bekanntlich das Tor zur Seele. Manchmal wird ein Wesen durch das bloße Zuhören gerettet, aufgebaut, wieder in die Welt gegeben. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, wo das Geschlecht, der Körper, das Alter keine Rolle mehr spielen. Das ist die wahre Liebe. Oder ist die Behauptung falsch? Vielleicht hat das größte der Gefühle gar keine Definition, weil alles Liebe sein kann und auch ist. Für den anderen einfach nur da zu sein, bedeutet meist mehr als alle materiellen Güter zusammen. Die Aufrichtigkeit der Absichten, die Loyalität, das Vertrauen. Seinem Gegenüber so begegnen, wie er/sie ist, ohne es an ihm „herumschrauben“ zu wollen. Man schnitzt nicht an Puzzlen, damit sie zueinander passen. Man kann es machen, aber das Bild wird dann Scheiße ausschauen. Das muss Dir klar sein. Miteinander reden, viel und leicht den anderen tragen, über Hindernisse, über Probleme, in sich. Wenn man liebt, wird man zu einem Teil des anderen und umgekehrt. Es geht nicht ohne. Der Weg in die Liebe führt durch den weichen Bauch. Man muss sich entblößen und verletzlich zeigen, verwundbar sein. Jegliche Mauern haben keinen Bestand, da die Hindernisse den Fluss der Liebe hindern.
Und das ist, wie ich glaube, das Schwierigste an dieser Sache. Man geht durchs Leben und sammelt Streicheleinheiten und Prügel. Leider erinnern wir uns meistens nur an die letzteren. Es ist fürs Überleben nicht so wichtig, dass da ein liebevolles Herz für uns immer da war; die schlagende Hand zu erkennen ist aber schon von Bedeutung . Wir lieben zu wenig und kämpfen zu viel. Die ständigen Streitereien, wer besser ist, wer mehr hat, Macht, Besitz. Es ist ermüdend und macht unsere aller Welt kaputt. Ich erinnere mich an die Gespräche von vor über dreißig Jahren, über Gott und die Welt. Bis spät in der Nacht geführte, unzählige Diskussionen, durch die wir, damals Teenies, versucht haben, uns die Realität zu erklären. Ich verbinde das auch mit Liebe. Jeder war anders; jeder war neugierig auf die Welt und die Zukunft. Man wusste zwar, dass der Weg nicht einfach werden würde, aber hatte nicht erwartet, dass einem die Steine vor die Füße geworfen werden. Man war im Glauben. Bis eines Tages Wir die Liebe verlassen haben, oder sie uns? Warum, wieso? Fragen über Fragen.
Lasst uns wieder die Liebe finden, lieben, teilen, leben. So können wir noch schaffen. Und es ist nicht wichtig, ob wir sofort die ganze Welt retten. Es reicht vollkommen, wenn wir unsere Gemeinschaft, unsere Freundschaft beschützen. Diese paar kleinen Gesten werden sicher die Umwelt verändern. Unsere Welt. Ein kleines Wort hier, ein Lächeln da und manchmal eine helfende Hand. Es braucht nicht viel. Wir brauchen keine größere Macht, als wir jetzt schon haben. Macht braucht man nur, wenn man Böses tun will; für alles andere reicht die Liebe, wie Charlie Chaplin sagte, und er hatte recht.
In diesem Sinne… habt euch lieb, denn ich liebe euch schon.
Der Reisende57
Keine Kommentare